Das Immunsystem unserer Kälber

In den ersten Lebenswochen von Kälbern besteht ein erhöhtes Risiko an Sterblichkeit. Atemwegserkrankungen und Durchfall bedeuten ein zusätzliches wirtschaftliches Risiko. Das liegt daran, dass das Immunsystem eines Kalbes erst nach der Geburt richtig aufgebaut wird. Das heißt umgekehrt, dass das Kalb bei der Geburt noch kein ausgeprägtes Immunsystem besitzt. Aus diesem Grunde muss das Kalb auch direkt nach der Geburt mit Biestmilch (Kolostrum) versorgt werden, um eine ausreichende Immunisierung zu gewährleisten.

Passive und aktive Immunisierung

Kälber erhalten im Leib der Mutter über die Plazenta, im Gegensatz zum Menschen, keinen Immunschutz. Das heißt, sie kommen ohne Antikörper zur Abwehr von Krankheitserregern auf die Welt. Der körpereigene Immunschutz baut sich erst nach und nach selbst auf. Dieser Vorgang wird auch als aktive Immunisierung bezeichnet. Doch dies dauert einige Tage – bis zu diesem Zeitpunkt muss die Immunabwehr daher von anderer Seite gewährleistet werden: Den ersten, vorläufigen Immunschutz erhält das Kalb über die Biestmilch. Die relativ großen Antikörper gelangen über die Darmschleimhaut ins Blut. Dabei ist zu beachten, dass die Darmschleimhaut nur bis sechs Stunden nach der Geburt für Immunglobuline geöffnet ist. Daher sind die ersten Stunden nach der Geburt entscheidend für einen guten Start ins Leben.

Diese über die Biestmilch passiv erworbene Immunität (=passive Immunisierung) baut sich langsam ab und lässt nach vier bis sechs Wochen nach. In dieser Zeit ist die eigene aktive Immunität durch Kontakt mit Keimen der Umgebung allerdings noch nicht vollständig aufgebaut.

Immunitätslücken

Es ergeben sich also in den ersten Lebenswochen zwei Immunitätslücken beim Kalb (s. Abbildung 1). Die erste direkt nach der Geburt vor der Aufnahme der Biestmilch und die zweite vier bis sechs Wochen danach, wenn die passive Immunität schon nachlässt, die aktive Immunität aber noch nicht aufgebaut ist.

Aktive Und Passive Immunität Kalb JOSERA

Abbildung 1: Immunitätslücken beim Kalb zwischen passiver und aktiver Immunisierung in Abhängigkeit zum Alter in Lebenstagen und Lebenswochen.

Um die beiden Immunitätslücken möglichst kurz zu halten ist eine gute Kolostrumversorgung bei neugeborenen Kälbern absolut essentiell. Kolostrum enthält im Vergleich zu Vollmilch nicht nur deutlich mehr Energie, Spurenelemente und Vitamine, sondern vor allem auch wesentlich höhere Gehalte an Immunglobulinen.

Wird während dieser Zeiten das Immunsystem noch zusätzlichem Stress in Form von Absetzen, Umstallen, Futterumstellung, schlechten Haltungsbedingungen oder schlechtem Futter ausgesetzt, so finden Durchfallerreger zur Besiedlung des Darms ideale Bedingungen vor (s. Abbildung 2).

JOESRA Grafik zeigt Krankheitserreger in Abhängigkeit vom Alter in LEbenstagen

Abbildung 2: Häufige Krankheitserreger beim Kalb

Wird während dieser Zeiten das Immunsystem noch zusätzlichem Stress in Form von Absetzen, Umstallen, Futterumstellung, schlechten Haltungsbedingungen oder schlechtem Futter ausgesetzt, so finden Durchfallerreger zur Besiedlung des Darms ideale Bedingungen vor (s. Abbildung 2).

JOESRA Grafik zeigt Krankheitserreger in Abhängigkeit vom Alter in LEbenstagen

Abbildung 2: Häufige Krankheitserreger Kalb

Kolostrumversorgung: Quickly, Quantity und Quality!

Wichtig bei der Biestmilchversorgung ist, dass das Kalb so schnell wie möglich nach der Geburt eine ausreichende Menge Kolostrum von guter Qualität erhält. Dies wird auch unter der „3-Q-Regel“ zusammengefasst: Quickly, Quantity und Quality.

Quickly – am besten gleich nach der Geburt

Die Darmschranke schließt sich relativ schnell nach der Geburt. Dies erschwert zunehmend die Durchlässigkeit für Immunglobuline. Es wird empfohlen, das Kalb innerhalb der ersten 3 Stunden mit Biestmilch zu vorsorgen, um eine ausreichende Aufnahme zu gewährleiten. Nach etwa 24 Stunden ist eine Aufnahme von Antikörpern über die Darmbarriere nahezu ausgeschlossen. Auch auf Seiten der Mutterkuh gilt die Quickly-Regel: Der Gehalt an Immunglobulinen im Kolostrum sinkt nach der Geburt ebenfalls rapide ab und reduziert sich um über 40 % innerhalb der ersten 9 Stunden. Daher sollte auch die Gewinnung des Kolostrums beim Muttertier möglichst zügig nach der Geburt erfolgen.

Quantity – auf die Menge achten

Die Versorgung des Kalbes mit einer ausreichenden Menge an Kolostrum muss sichergestellt werden. Hierbei liegt die Empfehlung bei mindestens 3-4 Litern je Kalb, um eine gute passive Immunisierung zu gewährleisten. Die Menge des aufgenommenen Kolostrums korreliert direkt mit der späteren Leistung des Kalbes, sowohl in Bezug auf tägliche Zunahmen in der Mast, als auch auf die Milchleistung! Eine Verdopplung der Biestmilchversorgung bei Kälbern von 2 auf 4 Liter kann beispielsweise eine Steigerung der durchschnittlichen Milchleistung als Kuh um etwa 3% bewirken. Kann ein Kalb aufgrund von Komplikationen bei der Geburt oder einer Trinkschwäche die erforderliche Menge an Kolostrum nicht oder nicht vollständig aufnehmen, so sollte in diesem Fall die Biestmilch durch Drenchen verabreicht werden. Dies sollte jedoch nur eine Notlösung sein, wenn das Kalb die Biestmilch nicht rechtzeitig auf natürlichem Wege aufnimmt. Das Drenchen von Kälbern ist in der Regel auch immer mit Risiken wie Verletzungen oder Pansentrinken verbunden.

Quality – die Qualität muss stimmen

Die Biestmilchqualität hängt von einer Vielzahl an Faktoren ab. Eine Rolle spielt hier zum Beispiel das Alter der Kuh, da mit jeder Laktation die Menge an Immunglobulinen im Kolostrum steigt. Ebenso entscheidend ist die Menge an Erstgemelk. Bei sehr großen Mengen an Erstgemelk tritt meist ein Verdünnungseffekt ein, wodurch sich die Antikörperkonzentration im Kolostrum vermindert. Auch Jahreszeit, Rasse, Trockenstehzeit sowie die Eutergesundheit beeinflussen die Qualität der Biestmilch. Allerdings gilt es zu beachten, dass nicht zwingend jede Altkuh ein gutes Kolostrum und nicht jede Kalbin wenige Antikörper in der Biestmilch hat. Deshalb ist es wichtig, die Qualität des Kolostrums vor Verabreichung an die Kälber zu überprüfen.

Hierfür gibt es in der Praxis zwei bewährte Methoden:

  • Die Biestmilchspindel arbeitet mit dem Prinzip der Massenverdrängung und sinkt, abhängig von der physikalischen Dichte, unterschiedlich weit in das Kolostrum ein. Je größer hierbei der Auftrieb der Spindel, desto höher die Dichte des Kolostrums. Dies gibt wiederum Auskunft über die voraussichtliche Menge an Antikörpern. Da die Dichte allerdings auch von vielen anderen Faktoren, wie zum Beispiel der Temperatur, beeinflusst wird, sollte man darauf achten, dass das Kolostrum beim Ablesen des Wertes Raumtemperatur hat.
  • Eine weitere Möglichkeit zur Qualitätsprüfung der Biestmilch ist das Refraktometer. Hierbei wird der sogenannte Brechungsindex des Kolostrums bestimmt, welcher auch hier von der Dichte und somit dem Immunglobulingehalt beeinflusst wird. Diese Methode ist temperaturunabhängig und es genügen wenige Tropfen zur Bestimmung der Qualität.

Stolperstein Hygiene

Doch nicht nur der Gehalt an Antikörpern im Kolostrum ist für eine gesunde Entwicklung des Kalbes entscheidend, auch die Hygiene beim Melken und der Versorgung der Kälber spielt hierbei eine große Rolle. Milch ist ein idealer Nährboden für eine Vielzahl pathogener Mikroorganismen. Vor allem Gerätschaften wie Eimer oder Nuckel können bei nicht ausreichender Reinigung und Desinfektion mit sehr hohen aeroben Gesamtkeimzahlen und coliformen Bakterien belastet sein. Dies behindert nicht nur die Aufnahme der Antikörper im Darm, sondern birgt auch direktes Infektionspotential: Wird das Immunsystem dann noch zusätzlichem Stress ausgesetzt (Absetzen, Umstallen, Futterumstellung, Kälte und Feuchte im Iglu etc.), finden Durchfallerreger ideale Bedingungen zur Besiedlung des Darms.

Lösungsstrategien

Versorgungsengpässe vermeiden mit einer Biestmilchbank

Es empfiehlt sich in jedem Falle die Anlage einer Biestmilchbank. Hierbei wird auf dem Betrieb überschüssiges Kolostrum hoher Qualität portioniert eingefroren, welches im Bedarfsfall (unzureichende Kolostrumqualität oder gar kein Kolostrum durch Verlust des Muttertieres) aufgetaut und verabreicht werden kann. Das Auftauen kann in einer Mikrowelle oder im Wasserbad erfolgen und muss vorsichtig geschehen, um die hitzeempfindliche Struktur der Antikörper nicht zu zerstören. Da die Verluste beim Auftauvorgang jedoch trotzdem bis zu 44% betragen können, bietet sich in diesem Fall der Einsatz von Kolostrum-Ergänzern an, um den Immunglobulingehalt zu steigern. Generell ist frisches, hochwertiges Kolostrum immer gegenüber Eingefrorenem vorzuziehen.

Die JOSERA-Kälberstarthilfen

In den sensiblen Phasen der Kälberentwicklung helfen die JOSERA-Kälberprodukte dabei, die Immunitätslücken zu schließen:

  • JOSERA Colostrin wird bei der ersten Mahlzeit dem Kolostrum und anschließend noch bis zu zwei Mal der Milch zugesetzt. Es versorgt die Kälber von der ersten Minute an mit Immunglobulinen, Milchsäurebakterien, Vitaminen und wichtigen Spurenelementen. Gerade bei unzureichender Kolostrumqualität ist der Einsatz unbedingt zu empfehlen.
Produkte JOSERA Colostrin zur Unterstützung der Immunität von Kälbern

JOSERA IgluVital im Einsatz:

„Für den Milchviehbetrieb sind die Kälber die Basis. Deshalb ist es wichtig, dass diese von Anfang an gesund bleiben und wir viel über die Ernährung machen – deshalb IgluVital.“

Sehen Sie im Video, was Landwirtin Franzsika Grulich noch zum Einsatz von JOSERA IgluVital berichtet oder lesen Sie hier den Erfahrungsbericht.

Fazit

Die gesunden Kälber von heute sind die guten Milchkühe von morgen. Durchfälle, Atemwegsinfekte und andere Kälberkrankheiten können sich erheblich auf die spätere Leistung auswirken und nicht nur im Kälberalter zu finanziellen Einbußen führen! Deshalb sollte alles daran gesetzt werden, die zwei Immunitätslücken im Kälberalter zu schließen: Vor allem durch eine hervorragende Kolostrumversorgung und später durch bedarfsgerechte Milchaustauscher.


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