Zusammensetzung der Mikroorganismen im Verdauungssystem
Die Zusammensetzung der Mikroflora ist abhängig vom Sauerstoff- und Wassergehalt, pH-Wert und Nährstoffangebot.
Die sogenannte anaerobe Hauptflora, welche ca. 90% der Mikroorganismen umfasst, befindet sich mit der Begleitflora (ca. 10%, Enterokokken, E.Coli etc.) und der Restflora (ca. 0,1%, pathogene Keime) in einem dynamischen Fließgleichgewicht. Mit jeder Futteraufnahme gelangen neue Mikroben in das System, andere sterben ab oder werden ausgeschieden.
Funktion der Mikroflora
Die Funktion dieser Mikroflora ist die Verdauung der zugeführten Nahrung und die Stimulierung des Immunsystems. Weitere Fuktionen sind der Schutz der Darmschleimhaut vor dem Eindringen von Fremdkeimen und die Vitaminsynthese. Dies alles gelingt nur optimal, wenn alle erforderlichen Mikroorganismen in ausreichender Menge und in der richtigen Relation zueinander am richtigen Ort vorhanden sind (Eubiose).
Funktionsstörung
Eine Funktionsstörung nennt sich Dysbiose und kann durch Wassermangel, einseitige Ernährung, plötzlichen Futterwechsel, schlechte Futterhygiene, ungeeignete Futterkomponenten, Stress, Antibiotika u.a. entstehen. Folgen sind zunächst eine schlechtere Futterverwertung und Leistungseinbußen sowie sinkende Futteraufnahme. In schweren Fällen kommt es zu Blähungen, Verstopfungen und Durchfall. Das Fließgleichgewicht verschiebt sich hin zur pathogenen Restflora. Diese und absterbende Keime bilden Endotoxine, welche das Immunsystem schwächen. Folge sind gehäufte Mastitiden, Gebärmutterentzündungen oder Allgemeininfektionen. Zudem führen Endotoxine zu Klauenrehe, Aborten und Umrindern. Ihre Entgiftung belastet den Leberstoffwechsel zusätzlich.
Probiotika
Probiotika sind ausgesuchte Mikroorganismen, welche das Fließgleichgewicht zugunsten der Hauptflora unterstützen und das Risiko einer Dysbiose mindern. Sie besetzen nicht nur Rezeptoren der Endotoxine und machen sie so unwirksam, sondern sie verhindern auch das Eindringen pathogener Keime in die Darmschleimhaut und stimulieren das Immunsystem. Es gibt drei große Gruppen:
1. Milchsäurebildende Bakterien
Milchsäurebildende Bakterien (Laktobazillen, Bifido, Enterokokken…) sind im Darm wirksam und bilden dort einen Biofilm aus Mukopolysachariden. Diese schützen die Darmschleimhaut und lokal gebildete Immunglobuline. Sie produzieren antimikrobielle Substanzen wie Wasserstoffperoxid und senken den pH-Wert durch die Bildung von Milchsäure. Mit dem veränderten Redoxpotenzial entziehen sie pathogenen Keimen die Lebensgrundlage.
2. Bacillussporen
Bacillussporen keimen im Darm zur vegetativen Form und werden wieder ausgeschieden. Sie fördern die lokale Immunität. Ihre Stoffwechselprodukte hemmen Keime und fördern zugleich die Stabilität der Hauptflora.
3. Hefen
Hefen (Sacharomyces Cerevsiae) verbrauchen Sauerstoff. Sie begünstigen so die Entwicklung Zellulose spaltender Bakterien (verbesserter Rohfasersaufschluss) und Milchsäure verbrauchende Bakterien (pH-Stabilisierung).
Nur zugelassene Futterzusatzstoffe sind sicher
Die Wirksamkeit und Stabilität einerseits und die Unbedenklichkeit für Tier, Mensch, Lebensmittel und Umwelt der zugelassenen Probiotika andererseits ist nachgewiesen. Es handelt sich um Produkte mit genetisch einheitlichen Organismen in definierter Menge. Spezielle Herstellungsverfahren sichern ihre Stabilität und Wirksamkeit in der Futtermischung. Die Zulassung setzt ein geeignetes Nachweisverfahren voraus. Die Weitergabe von Resistenzen durch Probiotika ist ausgeschlossen. Sie dürfen weder bei der Herstellung noch beim Verfüttern für Mensch und Tier toxisch sein. Die Freiheit von Mykotoxinen und Schwermetallen ist garantiert. Sie gelangen nicht in die Nahrungskette, da sie im Tierkörper verdaut werden. Nur wenig überlebende Organismen gelangen über den Kot in die Umwelt.
Einsatzempfehlung
Eine Einsatzempfehlung für Probiotika ergibt sich bei Jungtieren, deren Immunsystem noch labil ist und allgemein bei hohem Infektionsdruck und in Belastungssituationen (Umstallung, Futterumstellung…) zur Verbesserung von Vitalität und Futterverwertung und zur Leistungsabsicherung.
Fazit
Probiotika sind eine intelligente Möglichkeit die Gesundheit und Wirtschaftlichkeit, nicht nur in der Rinderhaltung, zu verbessern. Die biologischen Fakten erfordern den Einsatz einer angemessen hohen Menge und eine kontinuierliche Zufuhr.
Das könnte Sie auch interessieren:
ß-Carotin – Ein Schlüssel für fruchtbare Kühe
In den Wintermonaten kommt es in vielen Milchviehherden vermehrt zu Fruchtbarkeitsproblemen. Stillbrunst, Umrindern und Nachbesamungen können sich häufen.
Propylenglycol – Sinnvoll oder teurer Luxus
Viele Betriebe haben nach dem Abkalben ihrer Kühe mit dem Problem einer starken Energieunterversorgung und somit mit klinischer oder subklinischer Ketose zu kämpfen.